Die Kolonie

Roman von Audrey Magee

Ein Londoner Künstler und ein französischer Linguist landen im Sommer 1979 auf einer abgelegenen irischen Insel. Der Künstler ist angereist, um die zerklüfteten Klippen im Atlantik zu malen, der Linguist, um den Niedergang der irischen Sprache zu verfolgen. Jeder der Männer will die unberührte Insel und seine Bewohner für sich allein haben: Der eine, um sie in Ruhe zu malen und endlich ein besonderes Kunstwerk zu schaffen, der andere, um eine Sprache zu retten, die gar nicht die seine ist. Die Spannung zwischen den beiden zieht im Laufe des Sommers Kreise über die gesamte Insel.

Vor dem Hintergrund Nordirlandkonflikts, erzählt der Roman vom harten Leben der Inselbewohner und von ihren Träumen - die sie über die harschen Grenzen ihrer abgeschiedenen Realität hinausführen.


Die alten Inselmänner hoben Staffelei, Truhe und Ruder aus dem Boot. Die Bootsmänner stiegen aus dem Boot, obwohl Lloyd blieb, wo er war, auf dem Boden des Bootes in einer Pfütze, die Fingernägel im Teer vergraben. Ein alter Inselmann sprach ihn an.
Amach leat anois.
Der alte Mann winkte Lloyd heran.
Amach leat anois.
Lloyd nickte, rührte sich aber nicht. Der alte Mann winkte noch einmal.
Raus.
Er nahm die Hand des alten Mannes, dann seinen Arm, klammerte sich an eine raue Wolljacke, als er den pockennarbigen Beton der Helling betrat, mit zitternden Beinen, dann in sich zusammensackte.
Selbstportät: als neugeborenes Fohlen
Er lehnte sich an den mit vertrockneten Seepocken und Flechten übersäten Felsen und sah zu, wie die alten Inselmänner das Boot aus dem Wasser hoben, es umdrehten und über ihren Köpfen und Schultern trugen, wie er es auf Fotos in seinem Buch über die Insel gesehen hatte.
Inselserie: das laufende Boot


Audrey Magee
Die Kolonie
ISBN 978-3-312-01289-3
Verlag: Nagel & Kimche
Erscheinungsdatum: 28.01.2025
400 Seiten

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