Theresia (Resi) Pesendorfer

Eine geschichtliche Einordnung von Nina Höllinger

Ohne die unermüdliche Tätigkeit von Frauen wäre die Widerstandsgruppe »Willy-Fred« im Salzkammergut nicht denkbar, denn es waren die Frauen, die den Alltag bewerkstelligten, zu Fluchthelferinnen wurden, Verstecke und Verpflegung organisierten oder Kurierdienste erledigten. Theresia Pesendorfer spielte dabei eine wichtige Rolle. Ihre Zivilcourage und ihr Mut wurden jedoch viele Jahrzehnte wenig beachtet und gewürdigt. Erst in den 1970er Jahren begann mit Prof. Peter Kammerstätter die Aufarbeitung und Erforschung des Widerstands im Salzkammergut.

Das Salzkammergut wird von Historiker*innen in mehrfacher Hinsicht als Sonderraum bezeichnet, da die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen der Salzgewinnung die regionale Identität der Menschen prägten. Die Landwirtschaft als Haupterwerb kam kaum in Frage, weshalb viele Erwerbstätige dieser Region als Lohnarbeiter (Bergbau-, Salinen- und Forstarbeiter) tätig waren. Das lukrative Salzwesen benötigte auch immer ausreichend verfügbare Arbeitskräfte, weshalb den Arbeitern eine Reihe von Privilegien, wie etwa preisgeregelte Nahrungsversorgung, kostenlose medizinische Versorgung, Befreiung vom Militärdienst oder Steuerfreiheit gewährt wurden. Diese soziale Absicherung der Salzkammergutbevölkerung, zumindest den Arbeitsplatz betreffend, führte dazu, dass sich eine selbstbewusste, gebildete Lohnarbeiterschaft entwickelte, die sich auch zu Solidargemeinschaften zusammenschloss. »Bruderladen« als Vorläufer der Krankenkassen oder die frühe Gründung von Arbeiterbildungsvereinen (Hallstatt, Bad Goisern 1868), Konsumvereinen (Hallstatt, Goisern, Ebensee, Altaussee und Ischl, alle 1868) Alters- und Krankenversicherungsverein oder Spar- und Kreditverein sind hierfür Beispiele. Revolutionäres Verhalten in Verbindung mit einem Sinn für Verteilungsgerechtigkeit kennzeichnet das Verhalten der Arbeiterschaft im Salzkammergut. Die historischen Wurzeln des Widerstands im Salzkammergut finden sich somit in dieser, sich früh entwickelnden Arbeiterbewegung.(1)

Auch das Leben von Theresia Pesendorfer spiegelt eine klassische Arbeitergeschichte wider. Sie wurde am 21. Juni 1902 als Theresia Laimer in Bad Ischl in eine kinderreiche Salzarbeiterfamilie geboren. Ihre Mutter starb, als Theresia erst 10 Jahre alt war und sie empfand es als das »größte Unglück ihres Lebens« die Mutter schon so bald verloren zu haben. Von ihrem Vater fühlte sie sich stets ungerecht behandelt, da er die sechs Kinder unterschiedlich erzog und manche Geschwister bevorzugte. »Ein Teil der Kinder war ihm alles und die anderen ein oder zwei gar nichts, obwohl man nichts dafür kann, dass man auf der Welt ist.« (2) Drei Jahre nach dem Tod der Mutter heiratet der Vater erneut. Mit 14 Jahren wurde sie von ihrem Vater zu verschiedenen Bauern geschickt, um dort als Magd zu arbeiten, was ihr sehr schwer fiel, »obwohl ich zu Hause auch nichts Gutes hatte«. (3)

Die Stiefmutter holte Theresia kurz vor Ende des Ersten Weltkriegs als Arbeitskraft auf ihren Hof, doch als sie nicht mehr benötigt wurde, musste sie den Hof wieder verlassen. Sie arbeitete nun als Hausgehilfin und als Stubenmädchen, einige Zeit davon auch in Wien. Theresia Pesendorfer bemerkte schon früh die vorhandenen gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten und begann sich deshalb auch zu politisieren. 1926 schloss sie sich der Arbeiterbewegung an und wurde Sozialdemokratin. (4)

Nach der Rückkehr aus Wien war sie als Hausgehilfin bei einem Goldschmied tätig und lernte Ferdinand Pesendorfer kennen, den sie auch heiratete. Der gemeinsame Sohn, Ferdinand Laimer, kam noch unehelich zur Welt. Das Geld zum Umschreiben des Namens fehlte allerdings ständig, weshalb er den Mädchennamen der Mutter behielt.
Da Theresia Pesendorfers Ehemann kurz nach der Geburt des Sohnes arbeitslos wurde, ging sie arbeiten um die Familie zu ernähren. Doch das Geld reichte kaum, weil die Arbeitslosenunterstützung ihres Mannes immer weniger wurde. »So blieb uns nichts anderes übrig als in den Wald zu gehen und Holz zu schlägern, damit wir leben konnten. Im Sommer pflückten wir Beeren. Es war bestimmt keine leichte Arbeit. Dieser Kampf um ein besseres Leben hört niemals auf, es ging einmal auf- und abwärts und wieder aufwärts. Es hat mich mein ganzes Leben lang begleitet.« (5) Hinzu kam, dass Theresia Pesendorfer zwölf Jahre an Lungentuberkulose litt.

Anhand der kurz dargestellten Lebensumstände von Theresia Pesendorfer werden die schwierigen Bedingungen im Salzkammergut nach dem Ersten Weltkrieg sichtbar. Das Salzkammergut war Notstandsgebiet ersten Ranges und es kam zu Hungerprotesten und Streiks in allen Gemeinden. In den 1920iger und 1930iger Jahren verschärfte sich die Situation zusätzlich durch den Abbau von Arbeitsplätzen in den Bundesbetrieben des Salzkammerguts wie etwa den staatlichen Salinen und den Forstbetrieben. Die einsetzende politische Radikalisierung war spürbar und verlagerte sich zusehends auf die Straße. Kundgebungen, Aufmärsche und Auseinandersetzungen zwischen dem katholisch-konservativen Lager und dem sozialdemokratisch-kommunistischen Lager standen an der Tagesordnung. Der Austrofaschismus setzte den demokratischen Errungenschaften der Ersten Republik schließlich ein Ende, obwohl im Februar 1934 für deren Erhalt gekämpft wurde, auch in Ebensee.
Die in die Illegalität gedrängte linke Opposition begann im Salzkammergut mit Aktionen gegen das austrofaschistische Regime. Die meisten Aktivitäten dienten der Aufrechterhaltung der Organisations- und Kommunikationsstruktur, aber auch die Unterstützung Inhaftierter und deren Familien („Rote Hilfe«) spielte eine zentrale Rolle. Deutlich sichtbar wurde der Widerstand durch die Verbreitung von Zeitungen und dem Schreiben und Vervielfältigen von Flugblättern. Da die Kommunisten offensiver auftraten und auch besser auf die Illegalität vorbereitet waren, wechselten einige Sozialdemokraten zur Kommunistischen Partei. Auch Theresia Pesendorfer wechselte im Jahr 1935 zu den Kommunisten und gründete 1937 sogar eine eigene Frauenorganisation mit 15 Mitgliedern in Bad Ischl. (6) Theresias Ehemann war ebenfalls Kommunist und wurde gemeinsam mit anderen Gesinnungsgenossen bei einer illegalen Versammlung am 19. April 1936 in Bad Ischl in der Nähe der Hoisenradalm verhaftet und zu einer Haftstrafe verurteilt. (7) Die Verhaftung von Theresias Ehemann Ferdinand fand gerade zu jener Zeit statt, als Theresia aufgrund ihrer Krankheit auf Erholung war. Der gemeinsame Sohn kam in Abwesenheit der Mutter und des Vaters in ein Waisenhaus, wo er auch nach ihrer Rückkehr noch einige Zeit blieb, da Resi Pesendorfer trotz ihrer Krankheit arbeiten musste um den Lebensunterhalt zu verdienen.

Einige der inhaftierten Männer schlossen sich nach ihrer Entlassung den Interbrigadisten im Spanischen Bürgerkrieg an (zum Beispiel Franz Jaritsch, gestorben 1942 im KZ Dachau oder Josef Plieseis) und fehlten nun im Widerstand im Salzkammergut. Doch mit Hans Rettenbacher, Schuster in Bad Ischl, bildete sich eine neue Führungspersönlichkeit heraus.

Nach dem Anschluss im März 1938 formierten sich erst langsam wieder Kontakte der Kommunisten untereinander und es stieß auch der Ebenseer Friedrich Hirnböck dazu, der vor allem durch seine Belesenheit und politische Überzeugungskraft auffiel. Die Verbindung zur KPÖ-Zentrale nach Wien riss mehrmals ab, weshalb schließlich nur mehr Kontakte zur KPÖ-Landesleitung nach Salzburg stattfanden. Theresia Pesendorfer übernahm in dieser Zeit hauptsächlich Kurierdienste nach Bad Goisern, Bad Aussee, Ebensee und sogar einmal nach Salzburg. Besonders aktiv traten die Jungen unter den Kommunisten auf. Sie gründeten den »Kommunistischen Jugendverband Bad Ischl« und bezogen mit eigenen Flugblattaktionen offen Stellung gegen das NS-Regime. 1941 / 42 erfolgten mehrere Verhaftungswellen mit Anklagen auch vor dem Berliner Volksgerichtshof. Mehrjährige Haftstrafen oder Überstellungen ins Konzentrationslager waren die Folge (z.B. Franz Kain, Raimund Zimpernik). (8)

Theresia Pesendorfer schilderte die Verhaftungen in ihren Erinnerungen: »1941 wurden Rettenbacher, die Jugendlichen und Laimer von Goisern verhaftet. Pesendorfer [Theresias Mann Ferdinand, Anm. Verf.] und Straubinger waren beim Militär. Und so arbeitete ich mit Kefer Sepp weiter. 1942 ging Salzburg hoch und haben uns auch mitgerissen. Kefer Sepp wurde im März 1942 verhaftet, auch Genosse Sams und aus Ebensee Genosse Kasberger Sepp mit seiner Frau.« (9)

Am 5. Mai 1942 wurde auch Theresia Pesendorfer von der Gestapo abgeholt und verhört. Die Gestapo-Beamten trauten ihr die Widerstandstätigkeit aber nicht zu. Sie folgten der stereotypen und gängigen Geschlechterrolle der »unwissenden Frau« und hielten Theresia Pesendorfer einfach für zu naiv. Da sie beim Verhör nichts zugab und auch andere, wie Kefer Sepp nichts über Theresia Pesendorfers Tätigkeiten aussagten, wurde sie wieder entlassen. (10)

1942 ließ sich Theresia von ihrem Mann scheiden, da er eine andere Frau kennen gelernt hatte. Sie arbeitete als Putzfrau in Bad Ischl in einer Villa, als Ende 1942 der Strobler Kommunist Karl Gitzoller, welcher bei den Steyr-Werken im Werkswiderstand agierte und bei der Überführung von Steyr nach Linz der Gendarmerie entflohen war, bei ihr Zuflucht suchte. Er hatte sich bereits geraume Zeit in verschiedenen Hütten und in einer Höhle versteckt, bis er schließlich zu Theresia Pesendorfer kam, die nicht zögerte. »Ich musste ihn behalten, er wusste, ich bin eine andere, darum ist er ja zu mir gekommen«. (11) Sie versteckte und versorgte ihn schließlich an ihrem Arbeitsplatz, der »Villa Waldhütte« über mehrere Wochen.(12) Dabei kam es einmal zu einer äußerst heiklen Situation, als ihr Bruder auf Besuch war und sie Karl Gitzoller mit Brot versorgte: »Ja der Gitzoller, der war ein ›Schlankö‹. Mein Bruder kommt auf Besuch und ich habe zu meinem Bruder gesagt, ich muss schnell zur Villa gehen, um zu schauen, ob die Fenster zu sind und unterdessen habe ich schnell das Brot versteckt und wir gehen dann in den Garten und der Affe, der schaut beim Fenster herunter. […] So unvorsichtig, der hat überhaupt nicht daran gedacht, was da alles dran hängt. Und mein Bruder sagte, da hat jetzt wer herunter geschaut und ich sagte gleich, ja das ist der Dachdecker, ich habe ihm gesagt er soll hineinsteigen zum Jausnen. Ich habe nicht einmal meinem Bruder getraut. Ich konnte ihm ja nicht trauen, da ich nicht wusste, wie er es auffasst.«. (13)

Einige Monate später wurde Theresia Pesendorfer erneut zur Fluchthelferin. Sie half die Flucht des Interbrigardisten Josef Plieseis aus dem Dachauer KZ-Außenlager Adnet bei Hallein zu organisieren. Josef Plieseis war es gelungen über einen Vorarbeiter Kontakt zu Theresia Weiß beziehungsweise zu Agnes Primocic und Mali Ziegleder herzustellen, die wiederum Theresia Pesendorfer informierten. Der Bruder von Josef Plieseis, Fritz, der gerade auf Fronturlaub war, fuhr in Wehrmachtsuniform nach Adnet und konnte kurz mit seinem Bruder sprechen, der ihm seine Fluchtpläne mitteilte. Fritz Plieseis und Theresia Pesendorfer gewannen Fritz Stieger und Karl Gitzoller als weitere Fluchthelfer und gemeinsam wurden Vorbereitungen getroffen. Der steckbrieflich gesuchte Karl Gitzoller fuhr mit dem Fahrrad nach Hallein und erwartete Josef Plieseis an einem vereinbarten Platz, um ihn bei der Rückkehr ins Salzkammergut zu unterstützen. Nachdem Gitzoller bereits den dritten Tag auf Plieseis wartete, gelang ihm an einem regnerischen Tag, als sich alle aufgrund des starken Regens in einer Scheune unterstellten, die Flucht. Gitzoller wartete am Waldrand auf Plieseis, der das Häftlingsgewand gegen einen mitgebrachten Schlosseranzug tauschte. Gemeinsam machten sie sich auf den gefährlichen Rückweg. Anfangs in Wassergräben, um die Spuren zu verwischen, da die Flucht längst entdeckt und Suchtrupps mit Hunden unterwegs waren. Über die gefährliche erste Fluchtetappe berichtete Karl Gitzoller: »[…] und dann sind wir hinauf in den Wald und hinauf bis zu einer Wiese, aber da konnten wir nicht hinüber, weil da war es noch zu hell, jetzt sind wir hinauf auf eine Fichte, eine dichte hohe Fichte sind wir hinauf, die bis unten die Äste hatte und dann haben wir sie schon gehört, die Gestapo mit den Motorrädern unten im Wald sind sie gefahren und weiter weg sind sie mit Pferden geritten und wir haben uns ruhig gehalten und vielleicht 200 oder 300 m von uns entfernt ist einer mit einem Hund vorbei gegangen.« (14)
Die Fluchtroute führte weiter über die Berge und Almen von Hallein bis ins Salzkammergut, wo sie schließlich unbeschadet eine Wegmacherhütte im Weißenbachtal, genannt »Pension Waldwiese«, erreichten. Theresia Pesendorfer kam mit Lebensmitteln zur Hütte und sah Josef Plieseis nach über sieben Jahren wieder. »Es war ein freudiges Wiedersehen; als er mir zum Gruß seine Hand reichte, leuchteten seine dunklen Augen, aber das Gesicht war blass und schmal. Sein Körper zitterte von den vielen Strapazen«. (15)

Sie informierte die beiden auch darüber, dass in Ischl und Umgebung eine große Suchaktion nach dem entflohenen Häftling durchgeführt würde. Dieser entkamen die beiden nur knapp. (16)
Theresia Pesendorfer gelang es schließlich, ein Quartier für Plieseis zu organisieren und zwar bei Maria Huemer und ihrer Tochter Maria (Plieseis späterer Ehefrau). Doch es war für Theresia Pesendorfer nicht einfach, wie ihre Schilderung verdeutlicht: »Das erste war jetzt, Quartier zu machen, denn für längere Zeit in der Pension Waldwiese zu bleiben war unmöglich. Ich ging Samstag vom frühen Morgen bis spätabends von Genossen zu Genossen. Ja, ich sage euch, es war sehr schwer, etwas aufzutreiben. Wo der erste [sic.] Mann helfen wollte, traute sich die Frau nicht, es war auch umgekehrt der Fall. Und so gelang es mir, als es schon stockfinster war, mitten in der Stadt ein Quartier aufzutreiben. Es waren zwei Frauen, Genossin Huemer und Genossin Ganghör, Mutter und Tochter. Ich war glückselig!« (17)

Für Karl Gitzoller hatte Theresia Pesendorfer mittlerweile bei Familie Stieger in Steeg und bei Familie Zimpernik in Bad Ischl ein Versteck gefunden.
Der Goiserer Kommunist Alois Straubinger, welcher im Zuge einer der bereits erwähnten Verhaftungswelle von Kommunisten von der Front weg verhaftet und ins Kreisgericht Wels eingeliefert worden war, gelang von dort aus 1942 die Flucht und versteckte sich ebenfalls in Bad Ischl beziehungsweise Bad Goisern.
Theresia Pesendorfer stellte schließlich die Verbindung zwischen Plieseis und Alois Straubinger her und ein Treffen wurde organisiert. Josef Plieseis, Karl Gitzoller und Alois Straubinger gründeten somit 1944 unter dem Tarnnamen »Willy-Fred« die Widerstandsgruppe. Josef Plieseis berichtete über den Beginn der Widerstandsorganisation: »Und so kam es, dass ich Verbindung suchte mit Gleichgesinnten in anderen Orten außerhalb von Ischl. Durch die aktive Mitarbeit von Pesendorfer Resi, die Verbindung hatte zu Genossen außerhalb von Ischl, kam ich in Verbindung mit Straubinger Alois, den ich von früher her kannte, der in Goisern in einem Versteck sich dort aufhielt. So kam es in Goisern zu einer Zusammenkunft mit ihm«. (18)
Enge Beziehungen bestanden nach Bad Aussee und Bad Ischl und es wurde beabsichtigt, alle Gegner des NS-Regimes, auch aus konservativen und christlichen Kreisen, zu vernetzen. Im Frühling 1944 beschlossen die drei, sich ins Tote Gebirge zurückzuziehen, um die Freunde, die sie versteckten, nicht weiter zu gefährden. Ein abgelegener Platz wurde ausgesucht und eine Art Hütte, mit Ästen und Erde gut getarnt, errichtet, der sogenannte »Igel«. (19)

Die jüngeren Männer traten für offensive Aktionen ein. Zum Beispiel wurde die Sprengung der Soleleitung oder der Salzkammergut-Bahn diskutiert, doch um den Verfolgungsdruck nicht weiter zu erhöhen, ließ man diese Pläne wieder fallen. Die Gruppe am Berg blieb trotz mehrfacher Suchaktionen unentdeckt und wuchs bis Kriegsende stetig an.

Theresia Pesendorfer informierte die Fluchthelferinnen in Hallein über die geglückte Flucht von Plieseis und als Ende 1944 zwei weitere Kommunisten aus Hallein flohen, besorgte Theresia Pesendorfer wieder ein sicheres Versteck für einen der Geflohenen.
Die Gefahren, denen Theresia Pesendorfer bei ihrer Tätigkeit im Widerstand ausgesetzt war, waren vielfältig und lauerten ständig. 1944 schmuggelte sie sogar 11 kg Sprengstoff von Dietrichshofen, in der Nähe von St. Marienkirchen bei Schärding, nach Bad Ischl. Sie benötigte hierfür zwei Fahrten mit dem Zug und setzte sich dabei extremer Gefahr aus, denn die Bahn-Polizei kontrollierte Reisende häufig.

Ein weiterer Versuch, KZ-Häftlingen im Atterseegebiet, die bei der Renovierung einer SS-Villa im Einsatz waren, zur Flucht zu verhelfen, scheiterte aufgrund der vorzeitigen Rückverlegung der Häftlinge. Auch für diesen Fluchtversuch war Theresia Pesendorfer mehrere Male mit dem Fahrrad oft über Stunden unterwegs, genauso wie bei den ständigen Kurierdiensten nach Goisern, Ebensee, Hallein und Aussee. »Wenn Plieseis etwas benötigte, dann schickte er mich, seine Aufträge durchzuführen.« (20)
Die Strapazen waren für Theresia Pesendorfer enorm, vor allem auch deshalb, da ihr Gesundheitszustand nie der beste war. Die Lebensmittelbeschaffung für die Männer im Gebirge war mit Gefahren verbunden und stellte Theresia Pesendorfer und die anderen Frauen im Widerstand, wie Leni Egger, Marianne Feldhammer oder Maria Plieseis, um nur einige zu nennen, vor eine schwierige Aufgabe. Gesammelt wurde bei Bekannten und verlässlichen Geschäftsleuten in Bad Ischl.
Je näher das Kriegsende rückte, umso intensiver wurde die Arbeit der Widerstandskämpfer und die von Theresia Pesendorfer. »Von früh bis spät abends saß ich auf meinen Drahtesel und musste noch eine Verstärkung einschalten, denn wir mussten die Partisanen zusammenholen. Ja da musste ich wieder Nächte opfern, aber ich tat es gerne. […] Ich konnte oft nicht genügend große Umwege machen, um niemanden zu begegnen, denn es war ja überall besetzt vom Volkssturm, und es war ja noch finster, wenn ich heimkam. Wie so ein Nachtfalter kam ich mir oft vor. Aber vorsichtig war ich immer, besonders wenn ich gefährliche Sachen trug.« (21)

Die Männer und Frauen in der Widerstandsbewegung im Salzkammergut waren einfache, aber politische bewusste Menschen, die das Unrechtsregime des Nationalsozialismus erkannt hatten. Sie setzten ihr Leben aufs Spiel und wurden trotzdem nach dem Krieg nicht wie Helden behandelt. Im Gegenteil, oftmals wurde ihnen mit Skepsis begegnet, während Täter und Mitläufer schnell wieder integriert waren. Auch die Nachkriegszeit blieb für Theresia Pesendorfer mit Entbehrungen verbunden und ihre schlechten Wohnverhältnisse wurden in der Zeitung die »Neue Zeit« vom 20. August 1947 unter dem Titel »Stilles Heldentum – und seine Anerkennung« angeprangert:
»Jeder der alten Kämpfer der Widerstandsbewegung in den Bergen unserer Heimat erinnert sich in Dankbarkeit an die Resi. Sie ist der Inbegriff selbstloser Hingabe, unwandelbarer Treue und Hilfsbereitschaft. […] Heute ist Resi Pesendorfer registriert in der Vereinigung der Widerstandskämpfer und ist stolz darauf. Und der Lohn für diese Heldin: Seit Jahren bewohnt die Dulderin und Kämpferin, die sich während der harten und entbehrungsreichen Kampfzeit die tbc zugezogen hat, ein menschenunwürdiges Quartier, seit dem Jahre 1945 bemüht sich diese Frau ohne Erfolg um eine bescheidene, ihren Verhältnissen entsprechende Wohnung. […] Sollte es den Ischler Stadtvätern wirklich nicht möglich sein, der Antifaschistin Resi Pesendorfer zu ihrem Recht zu verhelfen?« (22)

Theresia Pesendorfer blieb unscheinbar, setzte aber ihre politische Aktivität fort und engagierte sich jahrzehntelang im KZ-Verband, im Bund Demokratischer Frauen und in den KPÖ-Ortsgruppen. Im Laufe der Jahre widmete sie sich aber zunehmend der Familie und unterstützte ihren Sohn beziehungsweise ihre Schwiegertochter und kümmerte sich um die fünf Enkelkinder und Urenkel. 1983 zog Theresia Pesendorfer von Bad Ischl nach Ebensee, in den Ortsteil Langwies. Sie verstarb am 31. Oktober 1989.

Laut Peter Kammerstätter wurde ihr das Ehrenzeichen für die Verdienste um die Befreiung Österreichs verliehen und trotzdem trugen erst seine anfangs erwähnten Forschungsarbeiten dazu bei, die Widerstandstätigkeit von Theresia Pesendorfer zu würdigen. Seine umfangreiche Materialsammlung und Interviews führten dazu, dass sich vermehrt junge Historiker*innen der Rolle der Frauen im Widerstand im Salzkammergut widmeten. Mittlerweile ist die bedeutende Rolle von Frauen und speziell von Theresia Pesendorfer dokumentiert. Eine von der KPÖ-Bad Ischl 2006 ergriffene Initiative, eine Straße in Bad Ischl nach Theresia Pesendorfer zu benennen, ist bis heute nicht realisiert. (23) Doch wer, abgesehen von zeitgeschichtlich interessierten Personen, kennt Theresia Pesendorfer heute noch? Unsere Aufgabe ist es, ihre Zivilcourage und ihren Widerstand nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

»Wenn etwas zu tun ist, muss man das auch tun,
solange es geht, muss man helfen.«
(24)


(1) Wolfgang Quatember, Ulrike Felber, Susanne Rolinek, Das Salzkammergut. Seine politische Kultur in der Ersten und Zweiten Republik, Grünbach 1999, S. 21 – 22.

(2) Theresia Pesendorfer, Mein Lebenslauf und meine politische Arbeit. In: Peter Kammerstätter, Resi Pesendorfer zum 80. Geburtstag, Linz, S. 10

(3) Pesendorfer, S. 12

(4) Pesendorfer, S. 19

(5) Pesendorfer, S. 19

(6) Pesendorfer, S.19 – 20

(7) Quatember, Felber, Rolinek, Das Salzkammergut, S. 83

(8) Wolfgang Quatember, Historische Bedingungen des Widerstands gegen den Nationalsozialismus im Salzkammergut 1938 – 1945. In: Zeitgeschichte Museum Ebensee, Katalog zur Dauerausstellung, 2005, S. 190

(9) Pesendorfer, S. 20

(10) Pesendorfer, S. 21

(11) Interview Theresia Pesendorfer in dvd »Der Igel« von Ruth Beckermann, 1985

(12) Pesendorfer S. 22

(13) Interview mit Theresia Pesendorfer, dvd, Max Stelzhammer, »Ich habe nur meine Pflicht getan«, 1988

(14) Interview mit Karl Gitzoller, dvd, Max Stelzhammer, »Ich habe nur meine Pflicht getan«, 1988

(15) Pesendorfer, S. 22

(16) Silvia Panzl, Das Salzkammergut als Ort oppositioneller und reformatorischer Kräfte von 1934 – 1945 mit Schwerpunkt »Spanischer Bürgerkrieg«, Diplomarbeit, Wien 2002, S. 128 – 133

(17) Pesendorfer S. 23

(18) Peter Kammerstätter, Resi Pesendorfer zum 80. Geburtstag, Linz, S. 79

(19) Wolfgang Quatember, Historische Bedingungen des Widerstands gegen den Nationalsozialismus im Salzkammergut 1938 – 1945. In: Zeitgeschichte Museum Ebensee, S. 190

(20) Pesendorfer, S. 25

(21) Pesendorfer, S. 29 – 30